Die Geschichte des Fiero reicht zurück bis in die Fünfziger Jahre. Angesichts des Erfolgs der Corvette wollte der damalige Chef von Pontiac, Pete Estes, ebenfalls einen Zweisitzer bauen. Im Jahre 1963 hat er dann mit John DeLorean einen schönes zweisitziges Cabrio entworfen, aber wie schon Jahre zuvor hielt die Chefetage dies nicht für gewinnbringend. Später hat dann DeLorean zusammen mit William T. Collins ein Fahrzeug mit Fiberglass Body Panels auf einem Stahlchassis entworfen, das zu 80% auf Teilen des Pontiac Tempest bestand. Aus diesem Entwurf wurde schließlich der Firebird/Camaro.
Es dauerte bis Herbst 1978, als unter Vorsitz von Pete Estes (der mittlerweile Vorstandsvorsitzender von GM war), die Idee für ein benzinsparendes Auto um den Flottenverbrauch zu senken. Und da wurde die alte Idee vom zweisitzigen Sportwagen aus der Schublade gezogen. Mit einem angepeilten Verbrauch von 50 mpg (ca. 5 Liter/100km) und angesichts der Ölkrise mit befürchteten Spritpreisen von $1.25 pro Liter (mittlerweile sind wir da ja tatsächlich fast angekommen), wurde die Idee eines verbrauchsarmen Pendlerfahrzeugs für Berufstätige mit einem geplanten Budget von nur 250 Millionen Dollar ins Auge gefaßt, aber noch nicht genehmigt.
Als Hulki Aldikacti, der heute als Vater des Fiero angesehen wird, von dieser Idee hörte, war er begeistert. Schnell stellte sich heraus, daß ein formschöner Sportwagen, der auf Kostengründen auf einem bestehenden Design basieren sollte, einen Mittelmotor haben mußte. Der Fiat X1/9 stand in mancher Hinsicht Pate. So wurde kurzerhand die mehr oder weniger komplette Front des X-Car (Cavalier) zum Heck des Fiero, nur die Lenkgestänge wurden mit dem Chassis verschraubt. Und innerhalb von nur 8 Tagen entstand aus Sperrholz und diversen Teilen anderer Fahrzeuge ein erster 1:1 Prototyp des Fiero.
Als Bob Stempel, Chef von Pontiac, diesen Prototypen sah, bewilligte er 1 Million Dollar für das Projekt. Ein Jahr später standen das Lehmmodell sowie das Interieur, aber das reichte Aldikacti nicht. Also ließ Hulki kurzerhand einen fahrbaren Prototypen bauen, und nach nur 5 Monaten, war der Prototyp fertig. Jeder, der diesen Prototypen sah, war begeistert, und so bekam der Fiero grünes Licht für die Produktionsvorbereitungen.
Als Name wurde für das Projekt "Pegasus" erwägt. Das klingt aber im Englischen zu sehr nach "bezahl viel für Benzin" (Pay-Gas-us), so daß der Name letztlich Fiero wurde, aber der Pegasus, das geflügelte Pferd, ist noch immer das Symbol für den Fiero. Und aus 2 Sitzen, Mittelmotor und 4 Zylindern wurde die Modellbezeichnung 2M4 (später dann auch 2M6).
Um die Kosten gering zu halten, wurde das vordere Fahrwerk komplett von der Chevette (eine kleine Klapperkiste von Golf-größe) übernommen, und auch sonst so viele Teile wie möglich aus anderen GM-Fahrzeugen recycelt. Damit konnte ein Großteil der Entwicklungsgelder in die Space-Frame Technologie (ja, die hat nicht Audi erfunden, auch wenn sie es gerne so darstellen!) mit daran befestigten Kunststoffteilen fließen. So erhielt der Fiero einen komplett Rostgeschützten Stahlrahmen, der an den Stellen dick sein konnte, wo Stabilität nötig war. Das ist mit selbsttragenden Stahlkarosserien so nicht möglich. Da der Rahmen nicht direkt gebohrt wurde, sondern nur darin eingelassene Epoxyblöcke, wurde in der Fertigung der Rostschutz nicht beschädigt, so daß auch heute noch (unverunfallte) Fieros unter der Plastikhaut in der Regel rostfrei sind. Dies erklärt auch, warum der Fiero in den Crashtests als zweitbestes Fahrzeug abgeschnitten hat!
Leider hat sich die Sparschiene des Managements sehr gerächt, denn die Käuferschicht, die den Fiero 1984 als Sportwagen gekauft hat bekam nur einen spritsparenden 4-Zylinder mit nicht sehr sportlichem Fahrwerk, der hinter den Erwartungen zurückblieb. Der 5-Liter Fiero mit Spritspargetriebe war für die drehmomentverwöhnten Amerikaner besonders lahm. Und um die hohe Nachfrage zu befriedigen, fuhr das Pontiac-Werk die Produktion ans Limit, mit der Folge, daß der Fiero mit vielen Qualitätsmängeln zu kämpfen hatte. Der bekannteste davon sind die Motorbrände der Vierzylinder, die auf gebrochene (weil mangelhafte) Pleuelstangen zurückzuführen waren. GM wußte davon, aber wollte lieber die paar abgebrannten Autos ersetzen, anstatt alle zurückzurufen. Verbraucherschützer erreichten schließlich, daß alle Fieros wegen Sicherheitsmängeln zurückgerufen werden mußten. Damit ging GM's Milchmädchenrechnung nicht auf, denn nun mußten sie Jahre später, als der Fiero längst eingestellt war, alle Fieros zurückrufen, statt nur die ersten paar Autos. Doch zurück ins Jahr 1985.
1985 bekam der Fiero den langersehnten Chevy 6-Zylinder, aber das Fahrwerk war noch immer nicht wesentlich verbessert worden. Im Zusammenhang mit den Qualitätsproblemen ging die Nachfrage zurück. Auch der 1986 eingeführte Fastback (ausschließlich als GT) änderte dies nicht. Besonders Frauen (fast 50% der Käufer eines Fiero waren Frauen!) beschwerten sich darüber, daß der Wagen schwer zu lenken sei, da aber der Motor hinten sitzt, war eine herkömmliche Servolenkung schwer zu realisieren. So fielen die Verkaufszahlen Jahr für Jahr. Erst 1988 war das komplett überarbeitete Fahrwerk serienreif, aber da war das Ende des Fiero bereits fast beschlossen. Die bereits in einige Fahrzeuge verbaute hydroelektrische Servolenkung (eine weitere Fiero-Innovation) wurde sogar wieder ausgebaut. Auch wenn der Ruf der Feuerfalle dem Fiero bis heute anhaftet, war das nicht der einzige Grund für sein Ende. Die Ingenieure wurden von der Chefetage gezwungen, ein Spritsparauto unter der Haut eines Sportwagens zu bauen, und das noch für möglichst wenig Geld. Die dabei eingegangenen Kompromisse haben letztlich die Käufer verprellt. Der 1988 Fiero kommt dem Wagen am nächsten, den die Ingenieure eigentlich hatten bauen wollen, aber da war es schon zu spät. Die Begründung von GM's Management, daß der Markt für Zweisitzer gesättigt sei, war schon damals blanker Hohn, denn zur gleichen Zeit bzw. wenig später triumphierten der Toyota MR2 und der Mazda Miata. Und heute sind die "Fun-Cars" ein festes Marktsegment, das fast jeder Hersteller bedient.
Damit bleibt der Fiero das bis heute einzige zweisitzige Serienfahrzeug mit Mittelmotor, das je in den USA gefertigt wurde.
Quelle: "Fiero, Pontiac's Potent Mid-Engine Sports Car", von Gary Witzenburg, 1990 Edition.