Fiero Kaufberatung

von Oliver Scholz

Ich bekomme immer wieder Mails von Leuten, die sich einen Fiero kaufen wollen, und nach Tips fragen, bzw. worauf sie achten sollen. Tja, es ist gar nicht so einfach, gute Tips für den Gebrauchtfierokauf zu geben! Aber ich will es trotzdem versuchen, damit sich vor allem "Erstkäufer", die die Besonderheiten des Autos nicht kennen, nicht über den Tisch ziehen lassen.

Ich will damit keinem Verkäufer in die Suppe spucken, und habe versucht das Thema von beiden Seiten gerecht zu beleuchten!

Allgemeines

Zunächst einmal ist zu sagen, daß die Fieros nur in den Jahren 1984 bis 1988 gebaut wurden, also selbst der jüngste Fiero mittlerweile über 18 Jahre alt ist. Wenn ein Auto also nicht nur in der Garage gestanden hat (was auch nicht gut ist!), muß man in jedem Fall einige Abstriche gegenüber einem Neuwagen machen. Selbst in durchschnittlichem Zustand hat der Lack den einen oder anderen Kratzer, manches ist abgenutzt oder funktioniert gar nicht mehr. Worauf man da alles achten muß, darauf gehe ich später noch ein. Auf jeden Fall ist nicht jede Kleinigkeit gleich wertmindernd, andererseits jedoch schon, wenn diese massiv auftreten. Denn wenn man vorhat, alle diese Kleinigkeiten zu reparieren, kann das schnell teuer werden. Wenn im Gegensatz dazu alles funktioniert, und der Wagen in sehr gutem Zustand ist, dann kann so ein Fiero leicht ein paar Tausender mehr kosten. Das ist er dann aber auch wert, denn ein Auto mit abgefahrenen Reifen, die man sofort erneuern muß, kostet ja indirekt auch einen Tausender mehr.

Welchen Fiero soll ich mir kaufen?

Generell kann man sagen, daß das Baujahr 1988 begehrter als die übrigen Baujahre ist, denn Fahrwerk und Bremsen wurden hier gegenüber den Vorgängermodellen stark verbessert. So kostet ein 88er (egal ob 4- oder 6-Zylinder) ein paar Tausender mehr als ein vergleichbarer älterer Fiero. Man erkennt einen echten 88er übrigens u.a. an den innenbelüfteten Scheibenbremsen vorn und hinten, denn oft wird gern die "Erstzulassung" mit 1988 oder neuer angegeben, obwohl das nichts mit dem Baujahr zu tun hat. Also genau prüfen, ob man das bekommt, was man haben will und bezahlen soll. Da der 1988er auch wesentlich seltener gebaut wurde, sind einige Ersatzteile (Bremsteile, etc.) hier allerdings auch deutlich teurer als vergleichbare Vorjahresteile, und Gebrauchtteile sind wesentlich seltener. Und da auch der 1988er Fiero kein "Rennwagen" ist, muß sich jeder selber überlegen, ob die Mehrkosten in Anschaffung und Unterhalt im Verhältnis zur Leistung stehen.

Das gleiche gilt für die Wahl 4- oder 6-Zylinder. Der 6-Zylinder ist mit Sicherheit die "sportlichere" Wahl, aber auch der 4-Zylinder hat seine Vorteile: günstigerer Verbrauch (besonders die 84er Econo-Coupe Version) und günstigerer Einstiegspreis machen auch diese Fieros attraktiv. Und mit 90 PS und 2.5l Hubraum kann auch der 4-Zylinder mit vielen "modernen" Autos mithalten.

Die Karosserieform des 86-88 GT (links) ist die beliebteste und in Deutschland am häufigsten anzutreffende, auch wenn die Coupe-Form (rechts) rein zahlenmäßig öfter gebaut wurde. Aber auch die Coupe-Form hat ihre Anhänger, so daß der Geschmack entscheidet.

Schließlich sei noch der "Indy-Fiero" erwähnt. Den gab's nur 1984 und in einer limitierten Auflage von 2000 Stück. Wenn er im Topzustand ist, ist er auch viel wert, ist er aber in schlechtem Zustand, kostet eine Restauration auch entsprechend viel, da Vieles nicht mehr erhältlich ist. So kostet ein kompletter Satz Original Indy-Aufkleber (wenn man denn einen bekommt!) oft an die EUR 500, eine Repro gibt's für ca. die Hälfte. Wer also nicht Sammler ist oder unbedingt einen Indy haben möchte, sollte die Finger davon lassen, denn die Restauration eines Indy-Fieros ist zwangsläufig teurer und schwieriger als die jedes anderen Fieros. Wem dagegen Authentizität egal ist, und wer billig ein Schnäppchen bekommen will, prima, aber dann sollte der Wagen aber auch keinen "Indy-Aufschlag" haben, also teurer sein als ein vergleichbares Basismodell!

Der Lack

Das erste, was man an einem Sportwagen sieht, ist der Lack. Aber wie gesagt, nach 10 Jahren sind rot und schwarz fast unvermeidlich ausgeblichen, so daß man damit, wie auch mit feinen Rissen im Klarlack durch Parkrempler, leben muß. Ist der Lack in gutem bis ausgezeichneten Zustand, erhöht das den Wert natürlich. Vorsicht ist bei Neulackierung geboten, denn oft wurde die nicht fachmännisch ausgeführt, erkennbar an schlechten Abklebungen, in Falzen noch sichtbarer Originalfarbe, überlackierten Rahmenteilen/Schrauben, Farbnebel, Rotznasen, etc. Manche Autos sehen regelrecht "tauchlackiert" aus, da wurden teils Zierleisten und Blechteile mitlackiert, und nur das Nötigste abgeklebt. Da muß man selber wissen, was einen stört und was nicht. Im Zweifelsfall kann man ja einen verblichenen Fiero lieber selber für 1500 EUR komplett lackieren lassen, als 1000 EUR mehr für einen schlecht neulackierten Fiero zu zahlen. Ist die Lackierung aber einwandfrei ausgeführt, sind die Mehrkosten sicher gerechtfertigt.

Die Innenausstattung

Das ist ein kritischer Punkt. Auch hier gilt: ein Wagen mit über 100.000 km hat nun einmal Gebrauchsspuren. Typisch ist ein an der linken Seite durchgeriebener Fahrersitzbezug, aufgequollene Mittelkonsolenelemente, Kratzer, ein herabhängender Himmel, abgegriffenes Lenkrad/Schalthebel/Knöpfe (hier im Vergleich gut-schlecht), etc. Kommt all das zusammen, ist der Zustand als nicht mehr so gut zu bezeichnen. Aber auch hier gilt: kann man damit leben, ist das okay. Will man das perfekte Auto, muß man dafür zahlen. Als Daumenregel kostet jedes zu ersetzende Innenausstattungsteil wie Konsolen, Abdeckungen, etc. in gutem Zustand(!) EUR 50-100, Schalter um die EUR 25, und besonders bei den Kunststoffteilen gilt: einiges gibt es nicht mehr neu, und ob andere Gebrauchtteile in besserem Zustand sind, sei dahingestellt. Man kann also auch hier in eine "perfekte" Restauration sehr viel Geld stecken, wenn man z.B. eine perfekte 86/87er Automatik-Mittelkonsole in dunkelgrau sucht. Also ist bei einem sehr guten Zustand der Innenausstattung der Wagen den Mehrpreis auch wert. Eine Bemerkung noch zu den Sitzen: Die Originalbezüge gibt es nicht mehr, und praktisch jeder Fahrersitz ist auf der linken Seite mehr oder weniger durchgescheuert, oder sogar gerissen. Ist er das nicht, ist er fast mit Sicherheit morsch, und wird im täglichen Gebrauch früher oder später nachgeben. Was das für den Preis bedeutet? Besonders Ledersitze in gutem Zustand kosten über EUR 500 in der Nachrüstung, das muß man im Preis berücksichtigen. Und auch ein Stoffsitz in gutem Zustand kann über Nacht einen Riß entwickeln, aber das ist keine Entschuldigung dafür, wenn der ganze Sitz in Fetzen hängt.

Die Elektrik

Die Elektrik im Fiero ist eine Schwachstelle. Viele Werkstätten haben die Stromlaufpläne nicht, und so bleiben Schäden oft unentdeckt, oder falsch repariert. Ich habe deshalb eine Checkliste zusammengestellt, mit der man die meisten elektrischen Systeme relativ schnell selber überprüfen kann. Teuer zu reparieren sind hier besonders die Scheinwerfermotoren, die schnell ein paar Hunderter kosten können. Alles andere ist eher ärgerlich, aber eine Fehlersuche kann auch Nerven kosten, also auch das im Preisvergleich beachten. Oft kann man auf den ersten Blick unter die Haube die Sünden der Vorgänger erkennen: Lüsterklemmen sind ein sicheres Zeichen für unfachmännische Reparaturen und haben im Kfz eigentlich nichts zu suchen, das gleiche gilt für Hansaplast. Da meistens die Frontblinker bzw. das Standlicht und Scheinwerfer für die deutsche Zulassung geändert werden mußten, kann man hier genau ablesen, wie gut gearbeitet worden ist.

Der Motor

Die Fiero Motoren sind ziemlich langlebig, ein 4-Zylinder schafft bei entsprechender Fahrweise seine 200.000 km und mehr, und der V6 kann auf über 250.000 km kommen. Ein Ölverlust ist bei diesen Autos leider fast "normal", einen kleinen Fleck macht praktisch jeder Fiero, den ich kenne. Wenn der Motor gut anspringt, die Fehlerlampe ausgeht, und der Wagen AU bestanden hat, sind Motor und Auspuff auch meist in gutem Zustand. Der V6 ist anfällig für Lecks am Auspuffkrümmer, und der ist sehr schwierig auszutauschen, bzw. reißen die Krümmerschrauben leicht ab. Also Finger weg von Fieros, die beim Beschleunigen "tickende" Geräusche von sich geben! Alle Fieros haben G-Kat, aber darauf achten, daß im Brief auch der Schlüssel 01 angegeben ist, sonst zahlt man viel Steuer! Bei Schlüssel 00 kurz bei GM in Rüsselsheim anrufen, und dort freundlich um ein Gutachten bitten, das wird dann kostenfrei innerhalb von ein paar Wochen zugestellt.

Bremsen/Fahrwerk

Die Bremsen herzurichten ist nicht ganz billig, ein Satz Bremsscheiben und Beläge rundherum kosten locker an die EUR 500, also wenn das frisch gemacht ist, hat man eine Weile Ruhe. Ansonsten unbedingt darauf achten, daß die Handbremse funktioniert und die Bremsseile nicht festsitzen. Besonders Fahrer von Automatik-Fieros benutzen die Handbremse oft nicht, und die Seilzüge rosten dann schnell fest. Thema Fahrwerk: Ein Satz Koni Dämpfer rundherum schlagen auch schnell mit einem Tausender zu Buche, wenn die neu sind, sind auch sie ihr Geld wert, aber wenn nur "normale" Dämpfer drin sind, ist das eher der Normalzustand und auch nichts Schlimmes. Dann zum Stoßdämpfertest (umsonst für Mitglieder beim ADAC), und ggf. neue Dämpfer kaufen.

Rahmen/Karosserie

Glücklicherweise besteht der Fiero zu einem großen Teil aus Kunststoffen, so daß Rost normalerweise kein großes Thema ist. Denn die Stahlkarosserie ist komplett rostgeschützt worden, und die daran befestigten Karosserieteile aus Kunststoff haben Dreck, Wasser und Steinschlag vom Rahmen im wesentlichen ferngehalten. Klar, nach 12-16 Jahren gibt es hier und da etwas Rost, aber das Chassis ist sehr massiv, und bis da etwas durchrostet, dauert das schon eine Zeit. Zumal man die meisten Teile erst prüfen kann, wenn die Kunststoffteile abmontiert sind. Zumeist rosten kleine am Rahmen befestigte Clips oder Abdeckungen weg, weil die eben nicht komplett rostgeschützt waren. Also Vertrauen haben. Einzig der Batterieträger ist oft verrostet, weil die Batteriesäure ihn angreifen kann. Das ist nicht tragisch, sollte aber dennoch repariert werden, bevor der Träger unter der Batterie nachgibt. Eine weitere Schwachstelle sind die Dreiecksscheiben, insbesondere beim 86-88 GT. Diese Dinger kosten pro Stück über EUR 250, wenn da also eine einen kapitalen Riß aufweist, mindert das den Wert, die sollten also schon in Ordnung sein. Die Alufelgen werden etwas Korrosion aufweisen (sieht weißlich aus), aber sollten ansonsten unbeschädigt sein. Oft sind auch die Gummilippen der Fenster eingerissen, so ein Teil kostet schnell EUR 50. Auch fehlende Embleme können EUR 25 oder mehr pro Stück kosten, also sollte man auch hier auf guten Zustand achten.

Nachfragen sollte man bei Unfallschäden. Parkrempler machen nichts, dafür hat man ja Kunststoffteile. Aber schwerere Unfälle werden manchmal nicht richtig repariert, und da ist der Rostschutz dann schnell weg, und dort rosten die Reparaturstellen dann entsprechend in kurzer Zeit. Und weil ein schickes Plastikteil schnell drübermontiert ist, das die Pfuscherei verdeckt, ist hier die Versuchung für Werkstätten besonders hoch, sich billig vom Acker zu machen. Also: dort wo man den Rahmen sehen kann (entlang der vorderen Kotflügel/Haubenscharniere, Türeinstieg) auf Unebenheiten, Schweißnähte und Ähnliches achten. Die meisten Schäden sind übrigens vorne, bei einem Heckschaden wird ja sowieso nur der Kofferraum in Mitleidenschaft gezogen, und da sieht man Schäden mit einem Blick unter das Auto (die Kofferraumwanne sollte nicht verbeult sein. Bei einem seitlichen Schaden ist meist der Rahmen so stark verzogen, daß eine Reparatur nicht mehr lohnt. Die Türen schließen dann schwer, das Dach ist gerissen, die Frontscheibe springt, etc.

Verbastelte Autos

Der Fiero bietet sich sehr für Basteleien aller Art an, angefangen vom Einbau eines europäischen Radios bis hin zu Tieferlegungen, Verbreiterungen, anderen Felgen, geänderter Innenausstattung, etc. Meiner Meinung nach ist das alles Geschmackssache. Den Preis regeln Angebot und Nachfrage, aber jedem Verkäufer muß bewußt sein, daß er nicht jede Mark, die er in den Wagen hineingesteckt hat, auch wieder herausbekommt. Man sollte nur darauf achten, daß alle Änderungen auch eingetragen sind, insbes. sollte man die installierten Felgen/Reifenkombinationen daraufhin überprüfen, ob sie auch im Brief/Schein eingetragen sind, sonst ist Ärger vorprogrammiert.

Sonstiges

Wenn man einen abgemeldeten Wagen kauft, und dieser vielleicht obendrein noch keinen TÜV oder AU mehr hat, sollte man als Neuling die Finger davon lassen. Selbst wenn der Preis verlockend ist, hat es meistens einen Grund, warum der Wagen in der Scheune steht. Ansonsten sollte man unbedingt eine Klausel im Vertrag haben, nach der der Verkäufer den Wagen ggf. zurücknimmt, wenn der Wagen bei der Untersuchung durchfällt. Sonst kann das Fiero-Hobby schnell mit einer schlechten Erfahrung zuende sein.

Nur am Rande erwähnen möchte ich die diversen Kit-Cars auf Fiero Basis. Hier gibt es eine schier unübersehbare Anzahl an Kits, die sich auch in Preis und Qualität schlecht vergleichen lassen. Geschmackssache ist das sowieso, und wer für EUR 15.000 für einen Ferrari-Nachbau ausgeben will, sollte sich überlegen, ob er nicht doch für wenig mehr schon einen gebrauchten Ferrari erstehen kann.

Letztlich bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Der Fiero ist selten und ein Exote, und die Preisspanne rangiert von EUR 500 für ein Schlachtauto (politisch korrekt: Teileträger) bis weit über EUR 5.000 für ein Modell in sehr gutem Zustand. Was häufig defekt ist, und was wie teuer ist, habe ich in Stichworten versucht aufzuführen, aber ich möchte nochmal betonen, daß ein beim Kauf gesparter Tausender schnell an Ersatzteilen draufgeht. Und jeder muß für sich selbst entscheiden, ob und wieviel er bereit und in der Lage ist, an dem Wagen selber zu reparieren.

Und so ist letzten Endes entscheidend, ob jemandem ein Fahrzeug eine bestimmte Summe wert ist oder nicht, und der Fiero ist so oder so einer der erschwinglichsten Sportwagen, der momentan erhältlich sind.